Glaubt man den “alten Hasen” der Meerwasser-Aquaristik, so wird es früher oder später wohl jeden Meerwasser-Aquarianer erwischen. Rot bis rot-braune Beläge erobern das Becken.

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Nach gut einem Jahr Standzeit war es dann auch bei uns der Fall. An einigen Stellen bildeten sich auf dem Kies die ersten roten Beläge.

Was sind Cyanobakterien ?
Cyanobakterien werden oft auch als rote Schmieralge oder Blaualge bezeichnet. Latent sind Cyanobakterien in jedem Aquarium vorhanden, gerät aber das Öko-System aus dem Gleichgewicht, können Cyanos den Bodengrund und auch den Riffaufbau komplett mit einem rot bis rot-braunen, schleimigen Belag überdecken. Seltener als die rote Variante kommt eine dunkelgrüne Variante vor. Da Cyanos toxisch sind, können Korallen so stark geschädigt werden, dass sie absterben.

Wie kann ich Cyanobakterien bestimmen?
Die sicherste Methode um Cyanobakterien nachzuweisen, ist natürlich die Untersuchung unter dem Mikroskop. Unter dem Mikroskop sehen Cyanobakterien wie kleine Fäden aus.

Zellfäden der Cyanos

Man kann aber auch ein Probe des Belages in Alkohol auflösen. Verfärbt sich die Probe rot, dann hat man es eindeutig mit Cyanobakterien zu tun. Hat man es mit einem starken Befall zu tun, heben oft kleine Luftbläschen die Cyanobeläge an. Cyanos kommen sowohl in Aquarien vor, die hohe Nährstoffwerte haben. Hier spricht man dann von der Schmutzwasservariante. Aber auch in Aquarien mit sehr niedrigen Nährstoffwerten können sie vorkommen. Diese Variante nennt man dann die Reinwasservariante.

Warum treten sie auf und wann vermehren sie sich explosionsartig?
Bei der Schmutzwasservariante kann der Grund einfach an “astronomisch” hohen Phosphat- und Nitratwerten liegen. Diese Werte lassen sich durch entsprechende Phoshphatadsorber, stärkere Abschäumung, den Einsatz eines Rollenfilters oder großzügige Wasserwechsel korrigieren. Bei der Reinwasservariante sieht die Lage aber anders aus. Hier vermehren sich Cyanobakterien schlagartig, obwohl Phosphat- und auch Nitratwerte extrem gering bzw. kaum nachweisbar sind. Da wir in unserem Becken zu dem Zeitpunkt des Auftretens Nitratwerte hatten, die mit dem Salifert Tröpfchentest nicht mehr nachweisbar waren und einen Phosphatwert von 0.02 mg/l, hatten wir es wohl mit der Reinwasservariante zu tun. Bei der Reinwasserform wird oft ein Ungleichgewicht von Phoshphat und Nitrat als Grund für das Ausbrechen der Cyanoplage in Betracht gezogen.

Was kann ich gegen Cyanobakterien tun?
Die ersten rötlichen Beläge traten bei uns Mitte Dezember auf. Bis der Kies komplett frei von Belägen war, verstrichen gut zwei Monate. Als erstes habe ich den Nitratwert auf 2mg/l mit Stickstoff+, welches von aqua biotica hergestellt wird, angehoben. Da ich keinerlei Chemie ins Becken geben wollte, habe ich mich für eine Behandlung mit Pythoplankton entschieden. Dies sind im Prinzip ebenfalls Cyanobakterien, nur halt die Guten 😉 Das Phytoplankton tritt als Nahrungskonkurrenz der Cyanobakterien entgegen und lässt sie so quasi verhungern.

Pythoplankton Synechococcus sp.

Im Netz ließt man viel, dass bei manchen Aquarianern schon nach wenigen Tagen die Cyanobakterien dank Phytoplankton Zugabe verschwunden seien. Das mag bei dem ein oder anderen Becken tatsächlich passiert sein, bei mir hat es aber definitiv länger gedauert. Auf meine Beckengröße von 600l habe ich jeden Abend in der Dämmerungsphase, bei ausgeschalteter Strömung und ohne Ozonzugabe 600ml des grünlichen Pythoplankton Synechococcus Sp. ins Becken gegeben. Nach einer Stunde habe ich dann die Strömung wieder eingeschaltet.

Zusätzlich habe ich zweimal pro Woche jeweils 20l Wasserwechsel gemacht (dies ist nun mein Standard) und die Beläge, die bei mir zum Glück nicht so stark ausgeprägt waren, vom Kies abgesaugt. Falls etwas Kies mit weg gesaugt wurde, habe ich diesen nicht mehr ins Becken getan. Zum Glück hatte ich auf dem Riffgestein nur sehr wenig rote Beläge zu verzeichnen. Diese habe ich anfangs mit einem Backpinsel weggeweht – dies ist imho aber kontraproduktiv. So verteilt man die Cynos nur noch mehr im Becken. Ebenso habe ich den Kies anfänglich mit einer Glocke abgesaugt. Aber auch dabei wurde einfach zu viel aufgewirbelt und die Cynos waren danach eher mehr im Becken als weniger. Einfaches, gezieltes absaugen auf Kies und dem Riff-Aufbau hat bei mir am besten funktioniert. Da die Cyanobakterien toxisch sind, hat es bei mir neben einer wunderschönen Fungia auch eine Briareum Koralle nicht überlebt.

Grüne Röhrenkoralle (Briareum) wohl durch Cyanobakterien vergiftet

Nach gut vier bis sechs Wochen wurden die verfärbten Kiesflächen weniger und nach knapp zwei Monaten war der Spuk vorbei. Obwohl ich sicherlich nur ein kleines Cyanoproblem hatte, war ich in der Zeit zweimal davor das Hobby aufzugeben. Hier wünsche ich jeden geplagten Aquarianer einen so erfahrenen Aquarianer wie meinen Spezi Jürgen an die Seite. Mit mehreren Jahrzehnten an Meerwassererfahrung hat er mir das wichtigste Mittel bei nahezu allen Meerwasserproblemen ans Herz gelegt – Geduld haben und nochmals Geduld haben. (Dank Dir vielmals) Was bei uns durch die regelmäßige Zugabe von Phytoplankton ebenfalls sichtbar wurde, ist die Vermehrung von Schwämmen und kleinen Schlangen-Seesternen. Den Korallen gefällt natürlich ebenfalls eine regelmäßige Planktonzugabe.

Der Spuk ist vorbei

Quellen:

[1] Plagegeister im Riffaquarium – Schädlingsabwehr in der Praxis – Ein Arbeitsbuch von Rüdiger Latka
[2] Korallenriff-Aquarium Band 2 – Svein A. Fosså, Alf Jacob Nilsen